Liebe Bürgerinnen und Bürger,

die CDU hat für die letzte Sitzung des Kreistages vor der Sommerpause am 28.06.2021 einen Antrag zur Prüfung der Machbarkeit eines Modellprojektes zur Einführung von Agri-Photovoltaik im EN-Kreis in Zusammenarbeit mit unseren Landwirten, Betrieben der gartenbaulichen Erzeugung und den kommunalen Versorgern eingebracht, welcher unter dem Tagesordnungspunkt 19 behandelt werden soll. Den Antrag der CDU finden Sie hier.

Die AfD Kreistagsfraktion Ennepe-Ruhr sieht darin einen sinnvollen Beitrag der CDU und unterstützt diesen daher grundsätzlich. Wir halten den Antragsgegenstand jedoch im Hinblick auf die Beschränkung auf lediglich die Erzeugung von elektrischer Energie aus Agri-Photovoltaik für zu eng gefasst. Nach unserem Dafürhalten bietet sich hier die hervorragende Gelegenheit, den vorliegenden Antrag um die Erprobung der dezentralen Speicherung sowie die Umwandlung in synthetische wasserstoffbasierte Energieträger zu erweitern.

Die AfD hat sich vor diesem Hintergrund dazu entschlossen, einen entsprechenden Änderungsantrag einzubringen, den Sie in voller Länge hier einsehen können:

Änderungsantrag der AfD zum vorliegenden CDU-Antrag Modellprojekt Agri-Photovoltaik

Warum wir in der Erweiterung des vorliegenden CDU-Antrags eine große Chance für unseren Landkreis und die zukünftige Energiesicherheit unseres Landes sehen, möchten wir Ihnen gerne näher erläutern:

Die von der Bundesregierung vorangetriebene „Energiewende“ führt unter den Schlagwörtern „Atom- und Kohleausstieg“ zur schrittweisen Abschaltung der letzten verbleibenden Atomkraftwerke und zum Ausstieg aus der Kohleverstromung. Beides innerhalb von weniger als 15 Jahren.

Kernkraft und Kohle halten derzeit einen Anteil von 23,4% der heimischen Energieversorgung. Im gleichen Zeitraum wird zudem aufgrund des parallellaufenden Umstiegs auf Elektromobilität ein Mehrbedarf von wenigstens 15% der heutigen Stromerzeugung prognostiziert. In der quantitativen Betrachtung ergibt sich somit eine Deckungslücke der Energieproduktion von rund 40%.

Ein noch viel wichtigerer Punkt wird jedoch regelmäßig nicht ausreichend beachtet: Kohle- und Atomkraftwerke sind im Gegensatz zu den regenerativen Energieformen Sonne, Wind und Wasser grundlastfähig – sie liefern einen stabilen, planbaren Energiebeitrag ins Netz und stabilisieren es. Während dieser stabilisierende Energieanteil innerhalb 14 Jahren nunmehr auf 0 heruntergefahren wird, steigt der Anteil der nicht-steuerbaren Einspeisung aus Windkraft und Solarenergie in diesem Zeitraum stark an.

Diese Entwicklung führt im Hinblick auf die Sicherheit und Zuverlässigkeit unserer Stromversorgung unweigerlich dazu, dass die erforderliche Grundlast- und Regelkapazität immer öfter mit einem enormen Preisaufschlag bei den Nachbarländern zugekauft werden muss, beispielsweise als Kohlestrom aus Polen oder Atomstrom aus Frankreich.

Als konkrete Folge erleben wir in Deutschland mittlerweile die europaweit höchsten Strompreise, ohne die wir die vorhin beschlossenen Beratungen wegen Energiearmut zahlreicher Bevölkerungsteile wohl kaum bräuchten. Zudem steigt auch das Risiko eines großräumigen Blackouts, an dem wir bereits nicht nur einmal knapp vorbeigeschlittert sind.

In einem hochentwickelten Industrieland ist die Zuverlässigkeit der Energieversorgung von höchster Wichtigkeit für die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft und der zivilen Infrastruktur. Es muss das Bestreben jeder verantwortungsvollen Politik sein, die Nutzung der noch verbleibenden Energiequellen zu optimieren und auszuweiten.

Nach diesem Grundsatz ist, letztlich auch die im Antrag der CDU-Fraktion angeregte Erforschung der Agri-Photovoltaik zu begrüßen. Der simple Zubau von immer mehr solarer Energieerzeugung, ist hingegen in jedem Fall zu kurz gedacht. Denn die Energieerzeugung durch Agri-Photovoltaik hat zunächst ebenso negative Rückwirkungen auf die Regelbarkeit und Versorgungssicherheit wie jede konventionelle Photovoltaik.

Daher es ist unbedingt erforderlich beim weiteren Ausbau den Aspekt der Regelbarkeit des Netzes zu berücksichtigen. Die Schlüsselkomponente dabei ist die Bereitstellung von dezentraler Speicherfähigkeit.

Einen vielversprechenden Ansatz bietet die Fortentwicklung von wasserstoffbasierten Elektrolyse- und Brennstoffzellentechnologie hin zu einem industrieübergreifenden Wasserstoffwirtschaftskreislauf, der zukünftig eine Vielzahl von Anbietern nicht nur in die Lage versetzt photovoltaische Energie abhängig vom Sonnenlichteintrag selbst zu erzeugen, sondern diese auch effizient dezentral zu speichern und bspw. etwaige Überschüsse an andere Verbrauchsstellen abzugeben.

Durch jüngste Entwicklungsfortschritte werden die Vorteile des Wasserstoffenergiekreislaufes, wie Emissionsfreiheit und auch die Bereitstellung synthetischer Kraftstoffe, zusehends greifbarer.

Aus Sicht der Landwirtschaft bietet die Kombination von Agri-Photovoltaik und innovativer Wasserstoffwirtschaft handfeste Vorteile, da sie die Chance bietet die Flächenkonkurrenz zwischen Anbauflächen zur Lebensmittelproduktion und Flächen zum Anbau von Energiepflanzen zu entschärfen. Auch ist sie dazu geneigt, die Abhängigkeit der Betriebserlöse von Ernteerfolg und Marktsituation der Agrarprodukte zu verringern. Neben weiteren mikroklimatischen Vorteilen beim Anbau, kann Agri-Photovoltaik somit auch helfen den oftmals bäuerlich geprägten Betrieben eine langfristige Zukunftsperspektive zu bieten.

Die umweltgerechte und sozial verträgliche Bewältigung der Energiewende ist eine Jahrhundertaufgabe. Unser Landkreis liegt dabei geographisch als Bindeglied zwischen dem industriell geprägten Ruhrgebiet, mit seinem auch zukünftig hohen Energiebedarf, und dem umgebenden ländlichen Raum in einer optimalen Lage, um über die Erforschung der umwelt- und ressourcenschonenden Nutzung von Agri-Photovoltaik eine eigenständige Kompetenz in dieser Zukunftstechnologie aufzubauen und so einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung unserer heimischen Energieversorgung für zukünftige Generationen zu leisten.

Diese Chance, liebe Bürgerinnen und Bürger, sollten wir keinesfalls vergeben – denn es gibt gute Beispiele wie z.B. die Tesla Gigafactory in Grünheide, wo das unmöglich Scheinende doch möglich gemacht wurde. Exakt diesen Gründer- und Pioniergeist brauchen wir auch hier bei uns im Ennepe-Ruhr-Kreis!

Wir freuen uns daher, wenn die anderen Fraktionen im Kreistag unsere sinnvolle Initiative unterstützen und unserem Änderungsantrag zum Wohle der zukünftigen Energiesicherheit und damit zum Wohle der Menschen in unserem Land, zustimmen.

Herzlichst,

Ihr


Matthias Renkel
Fraktionsvorsitzender
AfD Kreistagsfraktion Ennepe-Ruhr